Markt und Konkurrenz

Strategie Alternativbanken

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Alternativbanken sind seit Beginn der Krise mehr im Rampenlicht. Diesem Artikel ist eine spannende Diskussion mit der Geschäftsführung einer Alternativbank vorausgegangen. Dabei ging es auch um die Frage, was den das “Alternativ“ sei und wie viel “Alternativ“ möglich ist. Ausgehend von dieser Frage möchte ich eine strategische Diskussion zum Geschäftsmodell eröffnen.

Bei all den Unterschieden zwischen den Alternativbanken lässt sich zusammenfassend die Gemeinsamkeit einer zur Renditeorientierung zusätzlichen/hauptsächlichen Sinnkomponente beobachten. Daraus leiten sich die Fragen ab, ob a) die reine Renditeorientierung bei den klassischen Banken wirklich so existiert b) wie diese Sinnkomponente aussieht und c) wie viele und welche Freiheitsgrade die Alternativbanken durch die Regulatorik, das Marktumfeld und das makroökonomische Umfeld haben und wie es um das Geschäftsmodell steht.

Add. a) Die “reine“ Renditeorientierung der klassischen Banken ist eigentlich ein Kontinuum von Ausprägungen. Das Spektrum der “klassischen“ Banken reicht von, stark im genossenschaftlich kommunalen/regionalen Urgedanken verwurzelt bis zur börsennotierten rein renditeorientierten Ausrichtung. Der Großteil des Bankensektors (Sparkassen, Raiffeisen, Volksbanken) hatte in der Ursprungsidee immer einen Förderzweck (Hilfe zur Selbsthilfe etc.) und somit auch eine Sinnkomponente. Diese Banken waren damals die Alternativbanken.

Add. b) Bei den “neuen Alternativbanken“ ist die Sinnkomponente meist nicht auf die Förderung der Mitglieder sondern stärker auf die Allgemeinheit ausgerichtet. Themen wie Nachhaltigkeit (Umwelt), Soziales (Unterstützung der Schwachen) stehen im Vordergrund. Einige Beispiele:

  • GLS: “Die GLS Bank steht mit ihrer sozial-ökologischen Ausrichtung für die Verbindung von Sinn, Gewinn und Sicherheit. Ziel unserer Tätigkeit ist eine nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft und unserer Lebensgrundlagen. Geld verstehen wir dabei als ein soziales Gestaltungsmittel.“ [1]

  • Triodos: What is Triodos Bank's mission? Our mission is to use the money entrusted to us by savers and investors to work for positive social, environmental and cultural change.[2]

  • FGB: Gestützt auf die Erkenntnisse der Anthroposophie, arbeiten wir mit Menschen und Institutionen zusammen, die sich innovativ und zukunftssichernd für die zentralen Entwicklungsaufgaben des Menschen, der Tiere, der Pflanzen und der Erde einsetzen.[3]

Add. b) Diese Sinnkomponente kann sich banktechnisch in den folgenden Hebeln äußern, die ich Anschluss bezüglich der Freiheitsgrade diskutiere. Die Liste stellt einen therotischen Möglichkeitsraum dar.

 A. Ertragsseite

1.Kreditgeschäft

a.) Bevorzugte Vergabe der Mittel an sinnvolle (ökologisch, soziale, etc.) Kreditprojekte und der Ausschluss bestimmter Geschäft (bestimmte Unternehmen aber auch z.B. Konsumentenkredite, oder endfällige Kredite mit spekulativem Charakter).

b)Der Versuch förderungswürdige aber riskante Kreditprojekte zu ermöglichen. Das geschieht mittels gebildeter Sondervermögen (aus Gewinnen) die als Sicherungsmasse verwendet werden können oder der Aktivierung der Community damit diese als Treuhandgeber oder ggf. als Bürgern einspringt.

c)Der Versuch möglichst niedrige Zinsen für förderungswürdige Projekte zu ermöglichen. Das kann entweder durch den Verzicht auf die Gewinnmarge oder die Bereitschaft der Sparer auf Zinsen zu verzichten ermöglicht werden.

d)Hohe Transparenz zur Mittelverwendung gegenüber den Sparern.

2.Finanzerträge: Verzicht auf reine Finanzspekulation ohne realwirtschaftlichen Bezug (Eigenhandel). Einschränkungen in den erlaubten Veranlagungsklassen der Bank (z.B. nur Staatsanleihen).

3.Zahlungsverkehr: Transparente Gestaltung der Gebührenmodelle. Tendenziell werden relativ hohe fixe Kontogebühren verlangt, jedoch niedrigere Dispozinsen verlangt und keine Gebühren versteckt.

4.Sonstige Erträge: Ermöglichung der Veranlagung in nachhaltigen Fonds. Die Auswahl der Unternehmen in den Fonds und der Verzicht auf Vertriebsprovisionen sind hier die Differenzierungskriterien. Bei den restlichen Produkten sehe ich kaum Differenzierungsmöglichkeiten.

B. Kostenseite

1.Einlagezinsen: Ein maßgeblicher Erfolgsfaktor ist der teilweise Zinsverzicht der Sparer aufgrund der Sinnkomponente (der Qualität der Kreditprojekte) der emotionalen Bindung an die Bank (Umgang mit dem Kunden etc.).

2.Personalkosten: Neben kulturellen Faktoren, wie keinen Verkaufsdruck auszuüben, besteht eine Differenzierungsmöglichkeit in der Limitierung der Gehälter und dem Einführen von angemessenen Gehaltsspannen.

3.Sachkosten: Neben der Möglichkeit auf teure Filialen zu verzichten (bzw. Sparen bei der Ausstattung und den Repräsentationsaufwendungen) bestehen kaum nennenswerte Differenzierungsmöglichkeiten.

4.Eigenkapitalkosten: Mittlerweile bezahlen alle mir bekannten Alternativbanken (außer die FGB) Dividenden auf das Genossenschaftskapital. Diese sind jedoch deutlich geringer als bei Vergleichsbanken (oft 1-2%).

C. Gewinnverwendung

1.Ein wichtiges Differenzierungskriterium ist die Verwendung der Bankgewinne für förderungswürdige Projekte (Sondervermögen als Sicherungsmittel für riskante Projekte, Spenden an NGOs..). Natürlich mit B.4 verbunden.

Welche Herausforderungen, Zielkonflikte und Einschränken ergeben sich aus diesen Hebeln im Kontext der Regulatorik und des Marktumfeldes (Mitwerber, Verhalten der Kunden). Der springende Punkt ist das Kreditgeschäft, welches derzeit durch steigende regulatorische Kosten (Basel III), sinkende Kreditmargen und die Limitierung der vorhandenen „sinnvollen Kreditprojekte“ geprägt ist[1]. Die Situation am Kreditmarkt erschwert die Situation vieler kleiner klassischen agierenden Banken, hat aber das Potential die Alternativbanken auf mehrfache Weise in Ihren Differenzierungskriterien zu treffen:

  • Es gibt nicht ausreichend sinnvolle Kreditprojekte die auch die Kosten einer Bank tragen (Hypothese) bzw. werden diese auch quersubventioniert (oder zu den gleichen Margen) von klassischen Banken bedient. Die Margen sinken (vor allem bei den weniger riskanten Kreditprojekten) und die Risikokosten steigen.

  • Sparer sind nicht bereit für klassische Kreditprojekte auf Zinsen zu verzichten (B.1) und das niedrige Zinsniveau (billiges Zentralbankgeld) verringert den Hebel des partiellen Zinsverzichts.

  • Genossenschafterinnen fordern Ihre Dividende wenn die Bank zunehmend klassische Kreditprojekte vergibt (B.4). Gleichzeitig fordern die Regulatoren mehr Eigenkapital.

  • Die niedrigen Kreditmargen und die steigenden Kosten (B.1, B.4) reduzieren den Gewinn und damit die Möglichkeit der Differenzierung über die Gewinnverwendung (C. 1).

  • Geringere Gewinne schränken die Förderungsmöglichkeit riskanter Kreditprojekte über aus Gewinnen gebildete Sondervermögen (A.1)oder den Verzicht auf die Gewinnmarge aus und somit schließt sich der Kreis zu den Kreditprojekten am Beginn.

Sehe ich die Situation richtig und welche neuen Chancen und strategische Optionen ergeben sich daraus? Das Wachstum vieler Alternativbanken zeigt ein Kundenbedürfnis und die klassische Konkurrenz hat in dieser Situation nicht nur Vorteile (Erträge aus dem Eigenhandel, Provisionen, Größenvorteile), sondern trägt auch Altlasten mit sich herum (Anpassungen der Kostenstrukturen und den damit einhergehenden Reibungsverlusten, Motivation der Mitarbeiter, Frustration vieler Kunden, ebenfalls wegfallendende Erträge im Kreditgeschäft). Wie kann die makroökonomische Situation von viel Liquidität bei niedrigen Zinsen bei dieser Wettbewerbssituation genützt werden? Wie sieht die optimale Positionierung im Wettbewerbsraum aus?


[4] Der Liquiditätspolster mancher dieser Banken zeigt wie schwer es ist, ausreichend sinnvolle Kreditprojekte zu generieren. Der Kreditmarkt besteht zum Großteil aus klassischen Unternehmenskrediten, Immobilienfinanzierungen und Konsumentenkrediten.