Angebot und Bedürfnisse

DIALOG: Banken als Bedürfniserfüller

Welche Bedürfnisse können Banken erfüllen. Ich freue mich auf eine grundlegende Diskussion - die einen Schritt tiefer geht. Tiefer als Flexibilität, guten Service und "beste" persönliche Beratung.

Mein Vorschlag wäre die Diskussion an den Kategorien von Max-Neef aufzuhängen. Neef ist Entwicklungsökonom und er definiert die Bedürfnisse in einer Form, damit sie der Entwicklung des Menschen dienen. Mir gefällt der Bezug zum Artikel "Wen vertreibt der Vertrieb?" in dem die Frage aufkam, wie eine Bank oder ein Finanzinstitut seine Kunden "voran-treiben" kann. Wir können ja dann später einen Quercheck mit einem anderen Referenzsystem ziehen.

Max-Neef nennt die folgenden Kategorien.

  1. Subsistenz
  2. Sicherheit
  3. Zuneigung
  4. Verständnis
  5. Teilnahme
  6. Freizeit
  7. Kreativität
  8. Identität
  9. Freiheit

Es scheint als ob die Kategorien Subsistenz, Sicherheit bis jetzt im Vordergrund standen (Sparen, Versicherungen). Bei diesen Kategorien sehe ich Ähnlichkeiten zum Grundsockel der Maslowschen Pyramide. Auch bei der materiellen Freiheit als Teil der Freiheit (siehe Diskussion zur Macht) sehe ich die Banken als Bedürfniserfüller. Alles nur in Ansätzen, denn wirkliche materielle Sicherheit kann kein Bankprodukt bieten (makroökonomische Paramter, Inflation, Blasen). Aber bei einer guten Beratung lassen sich viele Risiken vermeiden.

Die Elemente Zuneigung, Verständnis, Teilnahme, Freizeit, Kreativität und Identität sehe ich hingegen derzeit nicht abgebildet. Daraus stellt sich die Frage, ob diese Elemente denn überhaupt von Banken angeboten werden sollen? Besteht eine Nachfrage? Das weiss man erst wenn ein Angebot geschaffen wurde. Vermutlich aber schon, da Grundbedürfnisse bedient werden. Peer to Peer Kreditplattformen - als Beispiel - schließen die Lücke zum Bedürfnis nach Teilnahme. Es gibt dort Communities die gezielt Projekte Ihres Interesses fördern

Kommentare  

0 #1 Max 2011-10-08 22:59

Ich finde es sehr spannend, die Diskussion mit der Entwicklungsfrage im Sinn von fördern und "voran-treiben" zu eröffnen und die entsprechenden Bedürfniskategorien nach Neef zugrundezulegen. Auch deiner ersten Einschätzung von Banken als Bedürfniserfüller kann ich gut folgen. Ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen und sagen, dass es sicher in einigen Banken (vielleicht vorwiegend im Private Banking) Berater gibt, die in den Bereichen Zuneigung, Verständnis und Teilnahme etwas beitragen. Die letzten drei Kategorien sehe ich auch nicht erfüllt.


Mir fallen noch zwei Fragen ein, die wir noch im Hintergrund berücksichtigen sollten:


1. Was heisst Entwicklung und "voran-treiben"? Wo ist in diesem Zusammenhang "vorne" und wo "hinten"? Wie weiß man, ob man jemanden fördert oder in der Entwicklung hindert?


2. Neben den Bedürfnissen der/des Einzelnen gibt es ja auch die Entwicklung der Gesellschaft - oder besser des Milieus in dem sich die einzelnen aufhalten. Wenn wir also über Bedürnisse der Bankkunden reden, reden wir dann nicht notwendig auch über Bedürfnisse des Milieus?


Es gibt ja Banken, die sich vorwiegend an eine bestimmte Gruppe wenden: Ärztebank, Gärtnerbank,... Ich denke, dass in solchen "Milieubanken" weitere Bedürfnisse abgedeckt werden könnten, bzw. Bedürfnissen die bereits angesprochen werden, noch besser entsprochen werden kann, da nicht nur Individuen, sondern zugleich ein ganzes Milieu gefördert werden kann. Zielsetzung der Bank müsste natürlich vorwiegend die Förderung des Milieus sein. Eine solche Bank könnte sich zum ökonomischen Angelpunkt eines Milieus entwickeln und bekäme eine ganz neue (auch soziale) Rolle.


Max

0 #2 Ralf 2012-01-07 16:06

Was heisst Entwicklung und "voran-treiben"? Wo ist in diesem Zusammenhang "vorne" und wo "hinten"? Wie weiß man, ob man jemanden fördert oder in der Entwicklung hindert?


Ich denke, dass zu aller erst die Entwicklung und das vorantreiben nur vom Individuum kommen kann. Vorantreiben kann nur heißen den eigenen Weg zur Selbstentwicklung-Verwirklichung gehen. Diesen Weg kennt niemand außer dass jeweilige Individuum und schon gar nicht die Bank. Eine Bank ist aber ein mächtiger Apparat. Eine Bank kann Möglichkeiten schaffen. Das offenkundigste Beispiel ist die berufliche Selbstverwirklichung. Hier kann der Bankberater – beratend, kritisch hinterfragend aber auch vertrauend eine entscheidende Rolle spielen. Ähnliches gilt bei einer Wohnbauangelegenheit. In beiden wichtigen Bedürfnissen kann eine Bank neben der Finanzierung auch viel Expertise einbringen. Meinen stark auf Selbstverantwortlichkeit basierende Argumentation möchte ich insofern abschwächen, dass in meiner Optimal-vorstellung einer Bank-Kundenbeziehung die Bank einem Kunden auch von für Sie profitablen Geschäften abrät, wenn diese zu riskant oder nachtteilig für den Kunden ist. Eigentlich doch trivial oder?


Neben den Bedürfnissen der/des Einzelnen gibt es ja auch die Entwicklung der Gesellschaft - oder besser des Milieus in dem sich die einzelnen aufhalten. Wenn wir also über Bedürnisse der Bankkunden reden, reden wir dann nicht notwendig auch über Bedürfnisse des Milieus?


Hier ist für mich die Frage ob die Bedürfnisse des Milieus innerhalb so stark homogen sind, dass eine Abgrenzung nach außen sinnvoll ist. Klar ähneln sich Ärzte in der Finanzierungssituation zu Beginn der Selbstständigkeit und später im Einkommen, aber rechtfertigt oder benötigst das eine eigene Bank oder mehr einen geschulten Kundenberater? Ich glaube nicht so sehr, an Milieus spezifische Bedürfnisse. Das Milieus immer ein Machtinteresse an einem so starken Motor wie einer Bank haben kann ich aber gut verstehen.


Ralf

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